Details
- täglich zwischen 800 - 1200 Hm
Tourenleitung: Axel Wachter, Tel. +41 78 868 53 71, E-Mail:
Rückblick
Frasco 882m - Capanna Efra 2039m
Die Via Alta della Verzasca zum Abschluss zu bringen war unser Ziel, nachdem wir letztes Jahr wetterbedingt abbrechen mussten. So bestiegen wir frühmorgens voll motiviert den LAV-Bus in Schaan. Wir, Tourenleiter Axel, Petra, Nadja, Othmar und Herbert, waren letztes Jahr schon dabei und neu gesellten sich mit Hübi und Marco zwei Balzner dazu – die haben sich alles andere als gemächliche Wanderer erwiesen, wie man es bei Balzner möglicherweise vermuten könnte. Das Wetter konnte nicht besser sein und sollte auch die nächsten Tage mehr oder weniger so bleiben.
Unser Ausgangspunkt war die kleine Ortschaft Frasco kurz vor Sonogno am Talschluss des Valle Verzasca. Der Weg hoch zur Capanna Efra war uns schon vom letzten Jahr bekannt und somit wussten wir, dass uns eine lange, jedoch schöne Wanderung bevorstand. 1200Hm galt es zu bewältigen, vorbei an Wasserfällen und verlassenen, kleinen Hütten sowie dem Lago d’Efra kurz unterhalb unseres Ziels Capanna Efra auf 2039m. Hier galt es als Erstes das Bier im Brunnen kaltzustellen und auf unser erstes Etappenziel anzustossen. Die Hütten der Via Alta della Verzasca sind zwar nicht bewartet, jedoch mit Bier und Wein reichlich ausgerüstet! Für uns bedeutete dies, dass wir unseren Proviant für die nächsten Etappen im Rucksack mit uns führen und Frühstück und Abendessen selber zubereiten mussten. Da sich bei der Hütte auch eine Feuerstelle befand, war schnell klar, dass wir unsere erste Mahlzeit outdoor zubereiten! Gemeinsam ging's ans Feuermachen, Gemüserüsten und Fleischmarinieren. Das Schweinsfilet vom Grill und weitere feine Zutaten taten das Übrige, damit das Abendessen auf der Terrasse mit herrlicher Aussicht auf die Gipfel, die uns die nächsten Tage erwarten sollten, ein erstes Highlight war.
2. Tag 6. Sept.
Capanna Efra 2039m - Capanna Cognora1938m
Drei Gipfel an einem Tag zu besteigen, kann einem zu Beginn einen kleinen Schreck einjagen. Dass die zweite Etappe eine Herausforderung wird, war schnell klar, als es steil auf den ersten Gipfel, den Pizzo Cramosino (2718m) hochging. Der Gipfel war noch wolkenverhangen und somit ein Blick in Täler rechts und links noch verwehrt. Dies sollte sich im Laufe des Tages noch ändern. Die Route, die nun folgen sollte, hatte es in sich, ein Auf und Ab und die Route verlief stetig auf dem Grat, dem Madom Gröss (2741m) und dem Pizzo di Mezzodi (2708m) entgegen. Dabei galt es, kleinere Kletterstellen an verschiedenen Türmchen zu überwinden, und teils steile und brüchige Abstiege erforderten unsere ganze Konzentration. Die Länge der Etappe kombiniert mit dem Schwierigkeitsgrad, der mit T5/T6 angegeben ist, wurde spürbar, je länger die Tour dauerte, jedoch unvergleichlich war. Der Blick schweifte dabei immer wieder in die Tiefe und je nach Standort ins Valle Verzasca oder in die Leventina. Hier oben wilde, unberührte Bergwelt – dort unten die wichtige Alpentransversale!
Nach acht anstrengenden Stunden und mit müden Beinen erreichten wir die Capanna Cognora auf 1938m. Die nächste Herausforderung stellte nun Marco und Hübi, die sich bereit erklärten, für eine Wohlfühltemperatur in der Hütte zu sorgen und versuchten sogleich den Ofen anzufeuern. Das Resultat war eine rauchgeschwängerte Küche! Auch dieses Hindernis konnte nach einiger Zeit überwunden werden und einer stärkenden und feinen Mahlzeit stand nichts mehr im Weg.
3. Tag 7. Sept.
Capanna Cognora1938m - Capanna Barone 2172m
Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg, um die letzte Etappe der offiziellen Via Alta della Verzasca zu bewältigen. Nachdem wir am vorigen Tag viel im Fels unterwegs waren, zeichnete sich diese Etappe weniger durch ihren Schwierigkeitsgrad aus, dafür umso mehr durch einen wunderschönen Blick ins Tal Richtung Magadino-Ebene. Die steilen Flanken waren aber auch nicht ohne und ein falscher Tritt würde schnell ins Verderben führen. Daher war auch hier zu jeder Zeit Vorsicht geboten.
Der warme Herbsttag war dem Durst förderlich. Die Hütte und den imposanten Pizzo Barone fest im Blick, freuten wir uns auf ein kühles Bier. Der Schreck war allerdings gross, als wir feststellen mussten, dass der Biervorrat auf der Capanna Barone fast aufgebraucht war. Nachdem Axel und Othmar den Schlüssel für den Keller verzweifelt in der Hütte gesucht und wir uns schon damit abgefunden hatten, dass es mit dem Bier nichts mehr würde, kam unverhofft ein Helikopter, setzte den Hüttenverantwortlichen ab und flog wieder von dannen. Luciano, so der Name des Hüttenwarts und ein waschechter „Verzascanese“, hiess uns auf „seiner“ Hütte willkommen, sperrte die Kellertür auf und spendierte uns allen ein Bier und selbstgebrannten Schnaps. Gastfreundschaft in Reinkultur! Trotz sprachlicher Schwierigkeiten - Petra gab ihr Bestes und zauberte ihre Italienisch-Kenntnisse hervor - hatten wir mit Luciano einen gemütlichen und tollen Abend in der Hütte. Die Erkenntnis des Tages: Wunder geschehen doch noch!
4. Tag 8. Sept.
Capanna Barone 2172m - Rifugio Tomeo 1739m
Von der Capanna Barone führt der Weg normalerweise durch das wilde Val Vegorness zurück nach Sonogno. Wir hatten allerdings noch zwei weitere Etappen vor uns, die Axel in weiser Voraussicht eingeplant hat. Unser Tagesziel war das Rifugio Tomeo im Val di Tomé. Nachdem wir uns von Luciano verabschiedet hatten, führte uns der Weg vorbei an der Corona di Redorta (2804m). Weglos und in einem steilen Couloir ging’s hoch zur Bocchetta di Larecc unterhalb des Gipfels. Nach einer kurzen Rast und nachdem Axel die Route von der Ostseite inspiziert hatte, entschlossen wir uns, den Gipfel von der Westflanke zu besteigen. Dies erwies sich allerdings als schwieriger denn gedacht, da der Gipfelaufbau brüchig und felsdurchsetzt war und eine Besteigung viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Nach einem kurzen Gespräch und ca. 300m unterhalb des Gipfels fiel der Entscheid, dass wir diesen auslassen und uns auf den langen Weg zum Rifugio machen. Die Wildheit des Geländes entspricht der Schwierigkeit der Via Alta, mit dem Unterschied, dass auf dieser Etappe kein offizieller Wanderweg angelegt ist und somit die Schwierigkeit auch höher einzustufen ist. Der Abstieg in einem sehr steilen Couloir ins Valle de Pertüs war spektakulär. Axel bewies sich auch hier wieder als souveräner Tourenleiter, indem er uns auf einer sicheren Linie zurück auf den offiziellen Weg und über die „Bassa di Pertüs“ zum Lago di Tomé und somit zum Rifugio Tomeo führte. Auch hier, als wir von der Bassa di Pertüs auf unsere Route zurückschauten, konnten wir es kaum glauben, welchen Weg wir genommen hatten - Stichwort Diretissima!
Der blau schimmernde Lago di Tomé und das auf einer Terrasse angelegte Rifugio waren allemal die Mühe wert. Die Hütte wird jeweils am Wochenende von freiwilligen Helfern bewartet und somit konnten wir unsere Beine baumeln lassen, was besonders beim Autor dieses Berichts bitter notwendig war, da der Muskelkater schon beängstigte Formen annahm. So konnten wir uns von Thomas und Markus, den beiden „Hüttenwarten“, bewirten lassen. Bei Älplermagronen und einem obligatorischen Schnaps kam ein bisschen Wehmut auf, dass der morgige Tag bereits der Abschluss der Tour sein würde. Umso mehr freuten wir uns, dass mit dem Monte Zucchero (2735) noch ein echter Leckerbissen bevorstand.
5. Tag 9. Sept.
Rifugio Tomeo1793m - Sonogno 925m
Mit 1000Hm vom Rifugio auf den Monte Zucchero und 1800Hm runter nach Sonogno war die letzte Etappe nochmals ein richtiger Wadenbeisser! Dennoch stiegen wir nach einem ausgiebigen Frühstück zügig das Val di Tomé hoch. Hier strapazierte eine kleine Kletterpartie unterhalb des Gipfels einigen von uns die Nerven spürbar. Der Gipfelausblick entschädigte für jede Mühe und Anstrengung und wir genossen ausgiebig den Rundblick mit einer herrlichen Fernsicht. Der lange Abstieg über die Alpe di Mügaia wurde belohnt mit der Wanderung vorbei an alten Rusticos, wilden Wasserfällen, weiter durch einen Lärchenwald und zum Schluss mit einem gemeinsamen erfrischenden Bad im Redorta-Bach, der dank Social Media-Berichten die letzten Jahre Berühmtheit erlangt hat. Selten gesehen, wie schnell man sich der Kleider entledigen kann, wenn das kühle Nass so einladend ist! Mit einem abschliessenden Essen liessen wir die Tour Revue passieren. Dass Othmar und Nadia sich über die letzten fünf Tage einige anzügliche Sprüche anhören mussten, sei der Höhenluft und dem Bier geschuldet. Es waren fünf aufregende, spannende und vor allem mit viel Humor erfüllte Tage, die wir gemeinsam erleben durften.
Herbert Wilscher